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Frank Tischer - Live 2020, Digital-Album, Release 14.11.2020

FTischerLive2020.jpg Frank Tischer - Live 2020
Digital-Album, Release 14.11.2020

Vor kurzem hatte ich die Ehre, zusammen mit Frank Tischer, gekürzte Fassungen einiger seiner Stücke für den Radio-Einsatz zu produzieren. Als Dankeschön hat er mir sein neues Album Live 2020 zukommen lassen. Normalerweise schreibe ich keine Rezensionen, aber wenn mir Musik besonders gut gefällt, fallen mir dazu rezensionsähnliche Sätze ein. Warum sollte ich diese nur für mich behalten? Hier ist also meine Rezension zu Frank Tischers neuem Album.

Live 2020 ist eine Zusammenfassung seiner Konzerte im Radom auf der Wasserkuppe in der Rhön, nahe Fulda.

1. Das Intro Strings in the sky erinnert auf angenehme Weise an Klaus Schulze´s Timewind und erzeugt mit Windrauschen und Effekten sofort eine spacige Athmosphäre. Kurz darauf setzen ganz vorsichtig und zart die Streicher ein. Diese gehen über in das zweite Stück.

2. Cosmic Concert - Part 1: Tiefe Bässe, Perkussion und die langsam einsetzende Sequenz machen klar, dass hier noch mehr kommt als liebliche Streicher. Die wuchtigen Drums unterstreichen das und bilden zusammen mit der Sequenz einen flotten, treibenden Groove, während die breiten Flächen die spacige Athmosphäre erhalten.

3. Nach dem schnellen Flug im letzten Stück führt uns Out there, out where mit hauchigen Ambient Chören zurück in ruhigere Gefilde und vermittelt das Gefühl, langsam und frei im Raum zu schweben.

4. Offensichtlich haben wir aber gerade eine Zeitreise unternommen und landen sanft in der Flower Power Zeit. Space Jam 1967 beginnt mit Vibrofon ählichen Klangen und Drums wie aus der Beatbox einer alten Heimorgel. Bald setzen wunderschöne Pianoläufe ein, die Frank Tischer mit dem kernigen Klang eines alten Wurzlitzer E-Pianos spielt. Die Idee des Stückes trägt und erzeugt eine gelassen entspannte Athmosphäre, die mich ein wenig an das Album Moon Safari von Air erinnert.

5. Weiter geht die Reise mit Modular Jam1. Klanglich schließt dieses mit wuchtigen Drums, Sequenzen und breiten Flächen beim zweiten Stück an. Die Grundidee entwickelt Frank Tischer hier aber weiter. Die Sequenzen sind filigraner und verschachtelter und werden durch groovige Hammond Akkorde ergänzt. Spacig weite Streicher spielen eine schöne Melodie, die scheinbar viel zu früh abbricht und Platz für einen Break mit leicht dissonanten Bässen macht. Kurz darauf kehrt sie nämlich, ergänzt von einem Moog Solo, zurück, und das Stück erreicht seinen Höhepunkt. So schafft man musikalisch Spannung; klasse Frank!

6. Cosmic Concert - Part 2 bleibt den Sequenzen treu und ergänzt diese erneut mit Beatbox Rhythmen. Die Flächen klingen hier heller und lebendiger als in den vorherigen Stücken und treten mehr in den Vordergrund. Eine zweite Sequenz tritt hinzu und verwandelt sich überraschenderweise bald in ein kleines hintergründiges Solo. Kaum hatte ich für einen Augenblick den Eindruck, das Stück würde Längen entwickeln, folgen die schönen virtuosen Pianoläufe, für die Frank Tischer bekannt ist. Im letzten Drittel moduliert Frank die Tonart und ergänzt seine Pianoläufe durch die hellen spacigen Flächen. So macht EM Spaß.

7. Matter of time beginnt mit etwas mysteriöser Noise Perkussion, ergänzt durch Sequenzen, die mich sehr an Kraftwerks Stück Transistor erinnern. Im Gegensatz zu Transistor, das ich immer recht langweilig fand, findet hier aber eine Entwicklung statt und die Sequenzen werden bald mit tiefen, kräftigen Piano Oktaven und Streichern mit Phaser Effekt ergänzt. Das hinzu tretende Moog Solo unterstreicht die leicht dramatische Athmosphäre und lässt erahnen, dass vor dem Ende des Albums noch etwas zu erwarten ist.

8. Dem ist tatsächlich so, denn Nachtflug beginnt zunächst ganz zart mit Windgeräuschen und Spannung erzeugenden Piano Grooves. Ein tiefer kräftiger Bass, Marimba Klänge und Perkussion treten hinzu. Modulationen der Tonart erzeugen weitere Spannung, das Stück verliert sich kurz in ein paar Effektsounds, um dann in der zweiten Hälfte mit treibenden Drums an Fahrt zu gewinnen. Hier hätte ich dann zum Schluß doch noch eine weitere Steigerung mit Solos aus dem Moog erwartet. Stattdessen verlischt das Stück in Samples von Funkverkehr und dem abschließenden Applaus. Dieser ist für das Konzert und das Album wirklich verdient.

Live 2020 hat mir beim Hören wirklich Freude bereitet. So geht meiner Meinung nach EM anno 2020. Die Anleihen bei den klassischen Vorbildern wie Klaus Schulze sind sehr dezent und genau im passenden Maße vorhanden. Frank Tischer hat seinen eigenen Stil mit angenehm wuchtigen Drums, seinen typischen Piano Läufen, spaciger Athmosphäre und Spannungsbögen, die nicht nur das jeweilige Stück, sondern über das ganze Album hinweg tragen. Wer im tristen Jahr 2020 gute Unterhaltung möchte, bekommt sie hier und auch ein wenig Ersatz für die vielen ausgefallenen Live Events. Weiter so Frank.

Matthias Stock, 28.11.2020

Bandcamp-Link: https://franktischer.bandcamp.com/album/live-2020  
Frank Tischer Homepage: https://www.frank-tischer.de/  
Projektvorstellung im Hippiesland: http://www.hippiesland.de/bands_frank_tischer

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