Das Interview mit rAleph von Grombira führte Harald G. aus dem Hippiesland am 30.09.15
Harald G.: Heute haben wir eine ganz besondere Band bei uns zu Gast, die viele schon von Ihren zahlreichen Auftritten her kennen. Und wer sie einmal gesehen hat, der wird diesen Tag niemals mehr vergessen. So ging es auch mir, als ich sie zum ersten Mal bei Woodstock Forever 2014 in Waffenrod live auf der Bühne sah. Sie nennen sich Grombira, und sie kommen aus Würzburg. Aber halt, warum erzähle ich das eigentlich? Lassen wir sie doch lieber selber mal zu Worte kommen. Also stellt Euch doch unseren Lesern mal vor! Wie Ihr heisst, wo Ihr wohnt und welchen Beschäftigungen Ihr nachgeht, wenn Ihr gerade mal keine Musik macht...
rAleph: Moin Harald! Hippiesland ist ne echt coole Seite übrigens! Ich habe schon einige Bands bei Dir entdecken können, die mir vielleicht sonst durch die Lappen gegangen wären. Danke für die Einladung. Ok, wir sind in einer wechselnden 3er Besetzung unterwegs, da einige - oder eigentlich alle - feste Jobs und Familie in und um Würzburg haben. Ja wer sind wir? Gute Frage .
Unser Bassmann Tommi ist aus Würzburg. Wir sind schon ewig befreundet und hatten schon andere gemeinsame Projekte. Als Musiker schätze ich seine Offenheit für Neues und seine Fähigkeit, spontan auf Wechsel und Breaks zu reagieren. Er ist ein super Musiker, hat einen Gitarrenladen in Würzburg, hat schon bei etlichen Bands aller Art Erfahrungen gesammelt - und jeden Tag einen Witz auf Lager - Perfekt! Uns verbindet außerdem die Liebe zu Tibet, Indien und östlicher Lebensphilosophie.
Unser aktueller Drummer, Fred Feser Lampe ist Schlagzeuglehrer und hat eine mobile Drum School. Zu uns gekommen ist er, nachdem unser Drummer Flo Eckhof sich vor einem Gig verletzt hatte. Ich habe damals wie bekloppt nach einem Ersatz gesucht und hatte exakt 1 Tag und 1 Nacht Zeit. Fred hat sich innerhalb von 4 Stunden unser gesamtes Set angeeignet - eine bessere Visitenkarte kannst du nicht abgeben. Ursprünglich ist Fred aus der Nähe von Wuppertal, lebt aber auch schon ewig in Franken. Ich kannte damals in den 90ern sogar eine seiner Bands. Außerdem stimmen die Chemie und das ganze drum herum.
Ich, der Raleph, bin waschechter Rheinländer aus der Nähe von Köln. Gelernt habe ich Orchesterschlagzeug, also Marimba, Vibraphon, Percussion und Drumset. Irgendwann hat es mich dann musikalisch nach Asien, Persien und den Orient verschlagen. Saiteninstrumente übten nach der Zeit an den Trommeln einen großen Reiz auf mich aus. Dann kamen ein Studium der indischen klassischen Musik mit den Hauptfächern Sitar und Tabla, sowie orientalische Musiktherapie am Konservatorium in Holland dazu. Mein Interesse galt schon immer der Kunst, Malerei, Grafik und der Musik. Während meinem Studium habe ich dann begonnen, Jugendliche mit psychischen Erkrankungen und Menschen mit Behinderung zu betreuen. Erst um Kohle zu verdienen und etwas für mich Sinnvolles zu tun. Im Lauf der Zeit habe ich die Freiheit und den Spaß an der Improvisation und der Mischung aller möglichen Musikstile schätzen und achten gelernt. Vor allem die Individualität der Menschen und die Art, wie sie musizieren. Ungeachtet der Herkunft und des „Könnens“. Musik ist also Kommunikation und Beziehung, Geben und Nehmen, Aufmerksamkeit und Achtung, innere Mitte und Sprung nach außen….Sehr spannende Sache! Aktuell arbeite ich als Heilpädagoge i.A., freier Musikpädagoge und Klangtherapeut mit Flüchtlingen, jungen Menschen und Erwachsenen mit psychischen Problemen und Menschen mit einer Drogenvergangenheit.
Wir machen Musik, reden, lachen, lernen voneinander. Ich selbst lerne, dass jeder Tag ein Neuanfang ist, und genau das spiegelt sich glaube ich auch in der Musik wieder. Unsere Stücke sind nie gleich, haben aber eine Seele und eine Struktur, die du wiedererkennen kannst. Dieser Zustand lässt einiges an Überraschungen zu, ohne die es langweilig wird. In der Band verbindet uns der Blick über die Grenzen der Musik und gemeinsame Stellungnahmen gegen Repressionen, Rassismus und allzu ernste Artgenossen. Ohne Spaß und Augenzwinkern kommst du nicht weit im Leben. Da darf es gediegen rocken auf der Bühne und auch ruhig und meditativ zugehen. Alles geht, nix muss! Das Publikum entscheidet oft mit. Das spürst du und reagierst. In dieser Philosophie steckt vielleicht auch etwas Metaphysisches. Der tibetische Buddhismus war und ist für mich - obwohl ich kein praktizierender Buddhist mehr bin - ein realer und undogmatischer Weg der inneren Erkenntnis. Das in die Musik einfließen zu lassen fühlt sich auf der Bühne gut an und lässt uns einen großen kreativen Freiraum.
Harald G.: Wann habt Ihr Euch gegründet, und wie kamt Ihr auf den Namen „Grombira“?
rAleph: Gegründet wurde Grombira bei einer spontanen Session im Winter 2007. Damals dabei war Joe Köhler am Bass und der E-Saz. Ich hab alte Stücke von mir aufgemöbelt, geschrieben, die Jam Sessions zu Papier gebracht und viel Oud und Sitar gespielt. Instrumente haben wir auch mal getauscht - je nachdem wer Lust hatte. Flo Eckhof ist ebenfalls Gründungsmitglied und hat viel harte Beats aus Rock und Punk mit einfließen lassen. Das war für mich, eher aus dem Jazz und der Weltmusik kommend, eine große Herausforderung. Hatte alles einen sehr starken Jam Charakter.
Der Bezug auf Nachtschattengewächse wie der Kartoffel u.a., ist unsere Verneigung vor der Erde, der Schöpfung, der Kreativität, der Nacht und den Kräften der Natur, uns alle ausreichend mit allem, was der Mensch braucht zu ernähren.
Das gilt für Körper und Geist gleichermaßen. Grombira bedeutet eigentlich „große Beere“ oder krumme Beere“, je nachdem aus welchem Dialekt. Der Begriff verbindet in seiner Bedeutung weltweit die Bedürfnisse der Menschen nach Nahrung und einem geerdeten Leben. Die mystischen Geheimnisse der Nacht, die Weite des Sternenhimmels und die Sonne, die allem Kraft zum Wachsen verleiht, gehören zu den interkulturellen Ähnlichkeiten. Kartoffeln findest du auf jedem Kontinent, in x verschiedenen Variationen. Die Musik der Völker ähnelt sich in der Tonart und den Skalen unglaublich stark. Allein das ist ein Beleg für die Verbundenheit und das gemeinsame Tuning. Wer sich mal mit den Sternenklängen nach Johannes Kepler und Hans Cousto befasst hat, weiß was damit gemeint ist. Solche Ressourcen sind zum Teilen und Weitergeben gedacht. Viele Völker der Erde übermitteln ihr Wissen durch Geschichten und Musik. Grombira nutzt diese Ressourcen und die Chance des Austauschs und der Interpretation kultureller Eigenheiten. Es geht nie darum, etwas zu übernehmen und zu kopieren, sondern mit der eigenen expressiven Art Variationen und damit ein zur eigenen Kultur passendes Verständnis zu schaffen. Wenn das Ganze dann auch noch tanzbar ist: Voilá! Gemeinsam setzen wir uns für ein freies Tibet, eine humanistische Asylpolitik, ökologischen Land und Ackerbau, sowie artgerechte Tierhaltung ein. Wir unterstützen ProAsyl, die Tibet Initiative und Amnesty international. Zu unseren Hauptsponsoren gehört die taz (Tageszeitung).
Harald G.: Also gibt es Euch schon seit 8 Jahren. Wie habt Ihr denn zueinander gefunden? Kanntet Ihr Euch schon lange bevor Ihr die Band gegründet hattet?
rAleph: Joe Köhler war ein Arbeitskollege seit 2006. Wir sind mal nach Istanbul gereist um ein paar Instrumente zu kaufen und haben beide einen Hang zu türkischer und kurdischer Musik. Die Skalen sind Mikrotonal, echt schräg zum Teil und die Sessions waren immer extrem lustig und kreativ. Irgendwann hat Joe dann Stadt und Job gewechselt, und ich musste mir Gedanken über einen Ersatz machen. Immerhin, wir hatten da schon Jam Sessions und Konzerte mit Karma To Burn, Embryo und Ween hingelegt. Ich habe zu der Zeit bei My Sleeping Karma einen Track auf der LP „Soma“ beigesteuert….es musste auf jeden Fall weitergehen. Tommi hatte schon immer Bock auf diese Art Musik und stieg 2013 am Bass ein. Wir kennen uns schon ewig und hatten früher diverse Projekte zusammen. Flo Eckhof ist ein Freund aus Würzburg. Wir kennen uns seit ca. 2006. Er war vorher bei diversen Surf Punk Bands. Zurzeit hat er viel um die Ohren, und wir haben uns entschieden, einen zusätzlichen Drummer - Fred - einzuladen. Das klappt ganz ordentlich.
Harald G.: Und wie würdet Ihr Eure Musik zutreffend bezeichnen?
rAleph: Oriental Space Rock triffts am besten.
Harald G.: Nun, es ist schon faszinierend, wie gekonnt Ihr verschiedene Genres spielerisch-musikalisch miteinander in Einklang bringt - und gerade Space Rock ist ja ein Sub-Genre, mit dem viele unserer Leser akustisch schon mal in Berührung gekommen sind. Aber was hat das mit dem Zusatz „Oriental“ auf sich?
rAleph: Wie schon erwähnt, komme ich ja aus der orientalischen Musik. Es gab schon immer Bands in Krautrock Zeiten, die sich orientalischer Themen angenommen haben. Embryo, Kraan, Amon Düül, Popol Vuh, Alex Oriental Experience, Can - um nur ein paar Bekanntere zu nennen. Ich wollte das schon immer machen. Mit Grombira, dem Einsatz der E-Saz, dem E-Oud, der E-Sitar (gebaut übrigens von keinem geringeren als Nafi Harald Weiße, dem Bassisten der legendären Band „Mythos“ aus den 60ern) ist das endlich möglich. Jammen bis der Arzt kommt, Strukturen schaffen, wieder einreißen, ganze Tracks generieren, schauen was damit Live passiert, das ist der Spirit von Grombira. Als repräsentatives Stück für unser Genre empfehle ich immer „Carpe Noctem“. https://www.youtube.com/watch?v=3ne_SyK3bZM
Harald G.: Eine Sache, die unsere Leser besonders interessiert, habt Ihr ja schon ansatzweise erwähnt: Wer von Euch spielt denn welche Instrumente?
rAleph: Ok, also Tommi spielt E-Bass, Flo und Fred Percussion und Drums und ich spiele E-Saz (Türkische Laute, Eigenbau), E-Oud (Arabische Laute), E-Sitar (Indische Laute) und Ney (Arabische Flöte). Und ich singe….
Harald G.: Aus meiner Begeisterung heraus, Euch heute in unserer Interview-Ecke begrüssen zu dürfen, hatte ich es am Anfang schon vorweg genommem: Ihr hattet schon zahlreiche Auftritte! Welche waren denn Eure Highlights?
rAleph: Oh yes, bis jetzt hatten wir seit 2007 ca. 80 Gigs. Eines mit der schönsten Konzerte war ganz klar das legendäre Woodstock Forever Festival in Waffenrod - sehr cooles Publikum, organisatorisch 1A gemacht! Melanie, Michael & das Team machen einen richtig guten Job. Tolle Atmosphäre. Der Gig mit Embryo in Würzburg ist legendär. Und die Cairo Clubkonzerte - 4 insgesamt, waren allererste Sahne. Der letzte größere Gig auf dem Umsonst und Draußen in Würzburg war auch top - trotz Regen gestopft voll! Die ganz kleinen Festivals in den Wäldern sind auf jeden Fall erwähnenswert, das war immer sehr familiär.
Harald G.: Wie die inzwischen fast 600 Mitglieder im Hippiesland es von uns erwarten, werden wir auch zukünftig Eure bevorstehenden Auftritte in unserem Eventkalender bekannt geben. Habt Ihr da schon feststehende Termine in der nächsten Zeit?
rAleph: Aktuell arbeiten wir an einer Live Auskopplung der letzten Gigs und einigen neuen Studio Aufnahmen. Wir haben kein Label, nur meinen Verlag und machen noch alles selber. Das ist cool, keiner hängt dir im Nacken… Das lässt uns aber wenig Zeit zum touren. 2015 spielen wir noch 2 Mal in Würzburg, und ich habe mit meinem Solo Projekt „sheyk rAleph - Solo Sitar“ noch ein paar Gigs im Norden.
Harald G.: Und wie sieht es mit Auftritten bei Open-Air-Festivals in der nächsten oder auch übernächsten Saison bei Euch aus? Vielleicht sogar mal wieder bei Woodstock Forever? Aber dann würde ich mir wünschen, Euch dort auf der Hauptbühne zu sehen.
rAleph: Die Bewerbungen für ein paar Festivals 2016 laufen. Wir würden gerne in Finkenbach, Herzberg, Waffenrod, Ozora in Ungarn und diversen anderen spielen. Vielleicht tun sich ja mal ein Label oder ne Agentur auf, die zu uns passen…dat wär genialo! Der Tour Plan wird ab Oktober 2015 auf der Web Seite zu finden sein. Waffenrod, große Bühne, abends mit Lightshow und Bauchtänzerin… haben wir alles schon geplant, jetzt muss es nur noch klappen, Bock haben wir ohne Ende In šāʾa llāh ….
Harald G.: Bestimmt haben wir die Leser, die Euch bis jetzt noch nicht kannten, so richtig neugierig auf Euch gemacht. Deshalb meine Frage: Wo kann man im Internet mehr über Euch erfahren? Ich gehe mit Gewissheit davon aus, dass viele Videos von Euch im Umlauf sind und es auf Eurer eigenen Homepage auch so einiges von Euch zu sehen und zu hören gibt...
rAleph: Yep Harald. Auf unserer Homepage www.grombira.de findet man alles Wichtige von und über uns. Und unsere Bandseite bei Facebook ist auch ganz hübsch zum durchzappen!
Harald G.: Wie viele CD’s gibt es bereits von Euch, und wo kann man sie kaufen? Wie sehen Eure Zukunftspläne in dieser Hinsicht aus?
rAleph: CD gibt’s eine aktuelle, komplett handgemacht! Ein Teil ist live, der andere Studio. Ähnlich wie das laufende Projekt. Die aktuelle CD ist ein Digipack aus Kartoffelstärke (was auch sonst) und Recyclingpappe. Die CD ist aus abbaubarem Bio Kunststoff. Das Cover ist mit einem Linoleum Druck versehen. Jedes Ding ein Unikat, nummeriert, signiert und auf 350 Stück limitiert. Flyer und Sticker sind auch mit dabei. Eines dieser Kunstwerke kostet 25 € plus 2 € Versand. Bestellen könnt Ihr die CD gegen Vorkasse bei mir: sheyk@freenet.de, Fön +491776853002. In Waffenrod und Cairo hatten wir leider zu wenige dabei Die Nachfrage war hammermäßig! Die nächste Produktion wird auch als Vinyl zu haben sein. Ich stecke in Verhandlungen mit einem Freak aus der Schweiz, der die Plates in der Scheune selber anfertigt. So jemand würde sehr gut zu uns passen.
Harald G.: Ich danke Euch für dieses ausführliche und aufschlussreiche Interview und werde mich jetzt erst einmal über meine Kartoffeln hermachen, die bereits auf meinem Teller auf mich warten. Wie bei uns üblich, gehören die letzten Worte Euch. Gibt es noch etwas, was Ihr unserer Leserschaft mitteilen möchtet?
rAleph: Mahlzeit!